Vom Glück

Pures Glück

Werbung – die ungestillte Sehnsucht

Wussten Sie, dass Werbung unglücklich machen kann?

Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine Studie von Andrew Oswald von der University of Warwick. Er und sein Team haben die Zufriedenheitswerte von 900.000 Menschen aus 27 europäischen Ländern der Jahre 1980 bis 2011 mit der Höhe der jährlichen Werbeausgaben verglichen. Die Forscher stellten einen negativen Zusammenhang fest:

Je höher die Ausgaben für Werbung innerhalb eines Landes in einem Jahr waren, desto unzufriedener waren die Bürger ein oder zwei Jahre später (Quelle: Harvard Business Manager, Heft 3/20, Werbung macht uns unglücklich).

Ein wichtiger Kern des menschlichen Empfindens ist der relative Status eines Menschen im Vergleich zu anderen. Sieht man ein Bild von einem anscheinend erfolgreichen, gut aussehenden Menschen, der vor einem teuren Sportwagen posiert, dann fühlen sich viele Menschen unwillkürlich irgendwie minderwertig: Warum habe ich das nicht?

Wir werden täglich aber nicht nur mit einer, sondern unzähligen Anzeigen zu Produktangeboten und Lifestyle-Versprechungen geflutet und dieses Gefühl der Unzufriedenheit „poppt“ sozusagen ständig unwillkürlich auf. Das nagt dauerhaft am Selbstwertgefühl.

Dies ist nicht ungewöhnlich, denn der Zweck von Werbung ist ja gerade, Sehnsüchte zu entwickeln, die dann zu konkreten Kaufimpulsen führen sollen. Diese aber oft nicht erfüllbaren Sehnsüchte und Wünsche werden dann zum nagenden Gefühl, irgendwie unterprivilegiert zu sein.

Das Lebenssozialglück

Das kleine Land Bhutan im östlichen Himalaya kennt seit 1979 den Begriff des „Bruttosozialglücks“, das dort wichtiger ist als die übliche Größe des Bruttoinlandsprodukts. Ersteres will die Lebensbedingungen, Gesundheit, Lebendigkeit der Gemeinschaft, der ökologischen Vielfalt, der Resilienz und des psychischen Wohlbefindens der weniger glücklichen Menschen des Landes verbessern. Das Bruttosozialglück umfasst somit viel mehr als die reine Wirtschaftskraft eines Landes.

Geld hat im eher armen Bhutan einen geringeren Stellenwert als in westlichen Gesellschaften. Das ist bemerkenswert.

Dagegen sind fast 40 Prozent der Europäer zeitweilig psychisch krank (Quelle: Der SPIEGEL), obwohl wir doch hinsichtlich des erreichten Wohlstands aktuell in der wohl besten aller  Zeiten leben. Die Frage lautet daher:

Warum sind so viele Menschen unglücklich, obwohl es ihnen doch an nichts mangelt?

Die Antwort scheint klar:

Materielle Dinge haben in unserem Leben mittlerweile eine überragende Rolle eingenommen. Darunter leidet die seelische Gesundheit, auch wenn Depressionen und Süchte organische Gründe haben können.

Aber Psychiatern ist bewusst, dass zu hohe Ansprüche an das eigene Selbst, das eigene Ansehen und die Persönlichkeit uns unglücklich werden lassen.  Je größer der Wunsch und je trister im Gegenteil die Realität, umso enttäuschter ist manche(r) von sich selbst.

Unzufriedenheit und Frustration schleichen sich so dauerhaft ins Leben. Wer ständig einem idealen ICH hinterher läuft und mit seinem realen ICH unzufrieden ist läuft Gefahr, ernsthaft seelisch zu erkranken.

Werbung als Brandbeschleuniger

Das tägliche Bombardement mit Werbung aller Art für ein angeblich besseres oder erfüllteres Leben, tolleren Lifestyle oder den perfekten Körper ist im Gegenteil der Brandbeschleuniger für ständige Unzufriedenheit.

Indem wir weiterhin den anscheinend interessanteren Leben anderer Menschen auf Facebook und Co hinterherhecheln verschlechtern wir nicht selten unsere eigene Lebensqualität. Die Anzahl von Likes ist für nicht wenige Menschen der Maßstab für Anerkennung.

Daher finde ich persönlich es sehr wichtig, das Leben eher nach den eigenen Vorstellungen auszurichten, als sozusagen fremdgesteuert „gelebt“ zu werden. Mir fiel dazu folgende Empfehlung speziell für jüngere Menschen ein:

Habe Mut, dich deines Selbstbewusstseins zu bedienen. Finde heraus, was dich wirklich antreibt und glücklich macht. Halte Abstand von Zeitfressern und Menschen, die dir offensichtlich nicht gut tun. Geld ist wichtig, aber nur ein Bestandteil für das eigene gelungene Leben, das persönliche Lebenssozialglück!

Michael May

Quelle Foto: Pixabay